Das technische Asset Management (TAM) ist ein zentraler Dreh- und Angelpunkt des Immobilienmanagements. Der Bereich hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt und an Komplexität zugenommen. Thomas Rosenhahn gibt einen Einblick in den Arbeitsalltag dieser Fachrichtung, die sich vor allem mit der strategischen Planung und Umsetzung großer Bau- und Modernisierungsprojekte beschäftigt. Gerade Letzteres ist im aktuellen Umfeld von besonderer Relevanz.
Technisches Asset Management – was genau ist darunter zu verstehen?
Wir vertreten die Interessen der Eigentümer und kümmern uns um die größeren Bau- und Modernisierungsvorhaben – also nicht um den undichten Wasserhahn, sondern zum Beispiel um eine neue Heizungsanlage oder komplexe Mieterumbauten. Oft handelt es sich um umfangreiche Umbauten oder Umnutzungen, die zum Teil auch Bauanträge erfordern. Dazu ziehen wir Experten wie Architekten, Fachplaner und Statiker hinzu und stehen in engem Austausch mit den Behörden.
Neben den baulichen Aspekten unterstützen wir fortlaufend auch das kaufmännische Asset Management. Wir denken strategisch: Was ist mit dieser Immobilie möglich, was kann bzw. muss getan werden, um sie zukunftsfähig zu halten oder zu machen? Dabei begleiten wir auch den An- und Verkauf von Gebäuden, immer mit dem Ziel, eine fundierte Einschätzung zu geben: Was ist in Ordnung und was nicht, was muss absehbar investiert werden?
Warum ist das technische Asset Management gerade jetzt so wichtig?
Die Welt des Bauens verändert sich rasant, vor allem durch immer strengere Gesetze und Vorschriften, beispielsweise das Gebäudeenergiegesetz oder Forderungen beim Brandschutz. Früher war es einfacher, eine Heizung auszutauschen – raus mit der alten, rein mit der neuen. Heute muss viel mehr bedacht werden, wie zum Beispiel die Auswirkungen hinsichtlich des CO₂-Ausstoßes.
Auch die Anforderungen der Eigentümer werden immer höher. Steigende Baukosten und Zinsen führen dazu, dass genauer hingeschaut wird, was die einzelnen Maßnahmen kosten und wo gespart werden kann. Dieses Kostenbewusstsein gab es zwar schon immer, aber heute ist es noch viel ausgeprägter. Jede Maßnahme und jeder Lösungsansatz werden kritisch hinterfragt.
Was zeichnet ein gutes technisches Asset Management aus?
Gutes technisches Asset Management zeichnet sich neben Kostenbewusstsein und fundierten Kenntnissen technischer Zusammenhänge sowie aktueller Vorschriften auch durch die Fähigkeit aus, langfristig aus Sicht des Eigentümers zu denken. Eine Frage, die wir neuen Teammitgliedern gerne stellen, bringt es auf den Punkt: „Würdest du das auch machen, wenn es dein eigenes Geld wäre?“ Natürlich klingt es immer gut, die Nebenkosten zu senken oder die Umwelt zu schonen, aber wenn man sich überlegt, ob man diese Maßnahmen auch selbst umsetzen würde, hat man schnell eine ganz andere Sicht auf die Dinge.
Es ist wichtig zu überlegen, welche Investitionen sich wirklich lohnen, um den Wert und die Lebensdauer einer Immobilie zu erhalten bzw. zu verlängern. Zum Beispiel kann eine Dachsanierung das Gebäude vielleicht 30 Jahre länger nutzbar machen – aber sie kostet natürlich erst einmal viel Geld. Wer hier spart, kann später Probleme bei der Substanzerhaltung bekommen. Kurzum: Gutes TAM erfordert Weitsicht, Präzision und das ständige Hinterfragen des Kosten-Nutzen-Verhältnisses.
Was muss ein guter technischer Asset Manager mitbringen?
In erster Linie brauchen wir Fachwissen und Erfahrung. Typischerweise sind das Leute mit einem Hintergrund als Bauingenieur, Architekt oder Techniker. Sie bringen das technische Know-how mit, um komplexe Projekte nicht nur zu verstehen, sondern auch erfolgreich zu steuern. Es geht darum, den Überblick zu behalten und das große Ganze zu sehen. Wichtig ist auch die praktische Erfahrung auf der Baustelle. Wir müssen schnell improvisieren und flexibel reagieren können, wenn es beispielsweise Abweichungen im Bestand gibt – das ist definitiv kein typischer Bürojob.
Heutzutage ist auch ein gutes Verständnis für IT und Digitalisierung unerlässlich. Die Art und Weise, wie Baustellen gesteuert werden, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert – vieles läuft digital. Das macht die Einarbeitung in neue Programme zu einem wichtigen Aspekt, gerade für Teams, die vielleicht schon länger im Geschäft sind.
Abgesehen von der Digitalisierung – ist technisches Asset Management heutzutage anders als vor zehn Jahren?
Ja, die Welt hat sich verändert – Pandemie, Konflikte und andere globale Ereignisse haben zu Materialknappheit und starken Kostensteigerungen geführt. Das technische Asset Management bekommt diese Veränderungen besonders zu spüren. So hatten sich beispielsweise die Preise für Holz zwischenzeitlich mehr als verdoppelt oder Anlagenkomponenten waren teilweise gar nicht mehr verfügbar.
Ein anderes großes Thema ist der Fachkräftemangel. Handwerker und Facharbeiter zu finden, ist zu einer echten Herausforderung geworden. Früher war es so: Wir haben zehn Anfragen für eine Handwerksleistung rausgeschickt und neun Angebote zurückbekommen. Heute sind wir froh, wenn wir überhaupt ein Angebot bekommen. Wir mussten uns also sehr anpassen und weiterentwickeln, um unter den heutigen Bedingungen erfolgreich zu sein.
Können Sie in Ihrer Freizeit überhaupt noch unbefangen ein Gebäude (z. B. ein Museum) betreten, ohne sofort an technische Asset-Management-Maßnahmen zu denken?
Vom technischen Asset Management abzuschalten ist schwierig. Gerade, wenn man durch Gebäude geht, egal ob historische Bauten oder Neubauten, gibt es immer Ecken, wo man sich die Frage stellt: „Wieso wurde das so gemacht? Hätte man das nicht auch anders machen können?“ Oft gibt es auch Punkte, über die man schmunzeln muss und sich denkt: „Das musste wohl einfach nur fertig werden.“ Beim Sport bekomme ich den Kopf frei – vorausgesetzt, in der Sporthalle gibt es keine Mängel.
Thomas Rosenhahn ist seit über zehn Jahren bei Swiss Life Asset Managers Deutschland im Bereich Technisches Asset Management tätig. Nach seiner Ausbildung zum Bauzeichner und dem Studium des Bauingenieurwesens mit dem Schwerpunkt Baubetrieb war er zunächst zehn Jahre lang bei einer internationalen Unternehmensberatung und anschließend drei Jahre bei einem US-amerikanischen Investor beschäftigt, bevor er zu Swiss Life Asset Managers Deutschland wechselte.