Alles im Griff? Energieausblick Winter 2022/23

11.01.2023

„Wir werden wohl durch diesen Winter kommen, und das ist eine gute Botschaft in dieser Zeit!“

Diese Äußerung vom 13.09.2022 tätigte Bundeskanzler Olaf Scholz rund drei Monate bevor der kalendarische Winter begann. Um mit Gewissheit diese Worte an die Bevölkerung zu richten, hatte es im Vorfeld ein Set an Maßnahmen gegeben, um die Energieversorgung im Winter 2022/2023 sicherzustellen: Neben Energiesparaktionen werden bzw. wurden neue Pipelineverbindungen auf- und ausgebaut, Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen bzw. keine vom Netz genommen. Atomkraftwerke dürfen bis März 2023 weiterlaufen und es wurden die Gasspeicher gefüllt – mit Erfolg. Stand 18. November 2022 sind die deutschen Gasspeicher – trotz zugedrehtem Gashahn Russlands – zu 99,98 % voll.

 

Quelle: AGSI+, Bundesnetzagentur, Stand 18.11.2022

Dank der gefüllten Gasspeicher bekräftigten deren Betreiber in Deutschland Mitte November, dass das Land „gut durch den Winter kommen“ werde – vorausgesetzt, die aktuellen Wetterprognosen treten ein. Nach diesen rechnet der Deutsche Wetterdienst (DWD), Stand Anfang November, mit einem eher milden Winter 2022/23. Gemäß den Modellrechnungen wird eine Mitteltemperatur von mindestens 2°C zwischen Dezember und Februar erwartet. Damit würde der Winter 2022/23 zu den 33 % der mildesten Winter der Referenzperiode 1991-2020 gehören.

Doch nicht nur in Deutschland hat man Vorkehrungen für den Winter getroffen. Anstrengungen gab und gibt es auch auf europäischer Ebene. So vereinbarten die EU-Länder Anfang August, die Gesamtnachfrage nach Gas in der EU von August 2022 bis März 2023 um 15 % zu verringern. Zudem wurde eine Mindestverpflichtungen zur Gasspeicherung eingeführt – was zur Folge hat, dass Stand 21. November 2022, die Gasspeicher der EU zu 95,8 % gefüllt sind. Außerdem wurde Mitte Oktober ein weiteres Maßnahmenpaket beschlossen, das u. a. künftig gemeinsame Gasbeschaffung, Preisbegrenzungsmechanismen und transparente Infrastrukturnutzung vorsieht.

 

Maßnahmenpaket der EU-Kommission angesichts der Energiekrise

Quelle: Europäische Kommission, Stand November 2022

Insgesamt zeichnet sich also ab, dass die EU „alles im Griff“ hat. Allerdings hat die Absicherung ihren Preis. Gerade in Deutschland wurde das Energieproblem teilweise durch (sehr) hohe Preise für die importierte Energie gelöst. So hatte die deutsche Bundesregierung den Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) mit 13 Mrd. Euro und dem Auftrag ausgestattet, Gas am Markt zu kaufen. Der Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel recherchierte, dass hierbei auf die üblichen Absicherungsgeschäfte verzichtet wurde, was dazu führte, dass Gas für 160 bis 180 Euro pro MWh in die Speicher floss, anstatt für 120 oder 130 Euro – dem Preis, für den Gas am Terminmarkt gehandelt wurde. Und auch weitere Maßnahmen wie die Einmalentlastung im Dezember 2022, bei der der deutsche Staat die Abschlagzahlung der Bürger für Dezember 2022 übernimmt, müssen letztlich finanziert werden, auch wenn sie kurzfristig helfen. Das gilt auch für die ab Januar greifende Gaspreisbremse, mit der deutsche Haushalte im Schnitt, so das Vergleichsportal Verivox, um bis zu 26 % ihrer Gaskosten entlastet werden.

Dass in der vorliegenden Ausnahmesituation zwischen Preis-Leistung abgewogen und wohl auch Kompromisse gefunden werden müssen, unterliegt letztlich dem primären Ziel der Politik, uns warm durch den Winter zu bringen. Olaf Scholz bekräftigte dies erneut am 23. November 2022 mit einem „unser Land hat (die Krise) im Griff.“

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