Angst vor Bewertung?

06.12.2023

Bei Schlagzeilen der letzten Monate wie „Immobilienpreise fallen im Rekordtempo“ (tagesschau, 23.06.2023) könnte einem als Eigentümer ein klammes Gefühl ob der nächsten Bewertung beschleichen. Dabei sieht es gar nicht so düster aus, insbesondere vor dem Hintergrund gesunder Fundamentaldaten.  

Es ist kein Geheimnis, dass der Aufwärtstrend der Wertentwicklung von Immobilien mit der Zinswende im Sommer 2022 zum Erliegen gekommen ist. Durch die gestiegenen Zinsen muss sich erst ein neues Preisgleichgewicht finden, schließlich sind Immobilienpreise u. a. eine Funktion der (Finanzierungs-)Kosten, die sich wiederum aus den Leitzinsen ableiten. Daher sind Schlagzeilen wie „Immobilienpreise erstmals seit 2010 gesunken“ (Handelsblatt, 28.03.2023) die Folge des Wiedereinsetzens der Zinsära und nicht verwunderlich. Aktuell befinden wir uns noch in der Preisfindungsphase am Investmentmarkt mit entsprechenden Auswirkungen auf die Immobilienwerte. Mit dem sich abzeichnenden Ende der Zinsschritte seitens der EZB dürfte sich dieser Anpassungsprozess jedoch bald dem Ende zuneigen bzw. erstmal an Dynamik verlieren – was wiederum Schlagzeilen wie „Kaufpreisminus fürs Wohnen hält an, wird aber kleiner“ (Immobilien Zeitung, 23.09.2023) oder „Preise für neue Miet- und Eigentumswohnungen werden stabiler“ (Immobilien Zeitung, 10.10.2023) erklärt. Mit der Erwartung, dass die Leitzinsen ab 2024 wieder sinken, ist perspektivisch von einer Seitwärtsbewegung der Ankaufsrenditen an den Investmentmärkten und Liegenschaftszinsen in der Bewertung auszugehen. Für eine Erholung der Kapitalwerte sind vor allem gesunde Fundamentalwerte, die den Mietmarkt stützen und steigende Mieteinnahmen ermöglichen, wesentliche Voraussetzung.

Und die Fundamentaldaten sind in vielen Immobiliensektoren weiterhin gut. So ist beispielsweise auf dem Wohnungsmarkt die Nachfrage bzw. der Bedarf groß – besonders in Deutschland, Europas größtem Wohnungs- und Mietmarkt, stehen einem deutlichen Zuzug in die Metropolregionen immer weniger Fertigstellungen gegenüber. Da die Wohnungsknappheit noch lange anhalten wird, ist mit ebenfalls anhaltendem Mietwachstum zu rechnen. Aktuelle Daten verdeutlichen den langfristigen Aufwärtstrend der Mieten: So sind beispielsweise die Angebotsmieten zwischen Oktober 2022 bis September 2023 deutschlandweit nach Value AG um im Schnitt 4,8 % gestiegen, im Neubau sogar um 5,8 %. In manchen Städten, wie Köln (+9,4 %), München (+10,5 %) oder Berlin (+20,1 %) wurden sogar noch stärkere Zuwächse (im Neubau) erreicht, die sich positiv auf den Cashflow der Eigentümer auswirken. Doch die Mieten steigen nicht nur bei der Neuvermietung, sondern auch in Bestandsverträgen. Sofern vertraglich eine Inflationsindexierung vereinbart wurde, verdeutlicht der Anstieg der Verbraucherpreise um 6,9 % im letzten Jahr das Potential zusätzlicher Mieteinnahmen.

Die Abfederung der Preiskorrektur durch steigende Marktmieten und Indexierung greift (teilweise) auch im Bürosektor – besonders im Spitzensegment, da auch hier die begrenzte Flächenverfügbarkeit ein Mietpreistreiber ist: So legten in den deutschen Top 7 die Spitzenmieten zwischen Q3 2022 und Q3 2023 laut RIWIS um 9,7 % zu – in Düsseldorf sogar um 26,3 %, in Köln um 18,5 %. Dieses Mietwachstum kann jedoch nicht auf alle Objekt- und Lagequalitäten des Büromarktes übertragen werden, da bei einem allgemein nachlassenden Büroflächenbedarf in den dezentralen Lagen und bei Objekten, die heutigen Mieteranforderungen und ESG-Kriterien nicht erfüllen, die Nachfrage nachlässt und die Mieten eher seitwärts tendieren.

Auch wenn Differenzierungen zwischen und innerhalb der Immobiliensektoren notwendig sind, so wirken sich weiter steigende Mieten positiv auf die Immobilienwerte aus und dämpfen die zinsinduzierte Preiskorrektur. Und lassen für Immobilien, die auf solide Fundamentaldaten beruhen, – auch bei stabilen Rahmenbedingungen auf der Zinsseite – auf mittlere Sicht eine Erholung der Immobilienwerte auf und über das Niveau vor der Zinswende erwarten.

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