Der technische Fortschritt nimmt in vielfältiger Hinsicht Einfluss auf die Gesellschaft, Wirtschaft und auch auf die Immobilienwelt, sei es beim einzelnen Objekt, beim Bedarf an Immobilientypen oder bei der Gesamtstruktur des Marktes. Für Investoren stellt sich die Frage nach dem Umgang mit technologischen Neuerungen, auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.
Der technische Fortschritt in der Immobilienwelt mag sich primär nicht am Bau selbst widerspiegeln, der vielfach weiterhin auf Handarbeit setzt und im Produktivitätswachstum hinterherhinkt. Mehr Schub findet sich durch technischen Fortschritt hervorgerufene oder beschleunigte strukturelle Veränderungen am Immobilienmarkt. So zum Beispiel die Kausalkette „Digitalisierung, Wachstum des Onlinehandels“, die wiederum dazu führte, dass der stationäre Handel weiter in die Krise geriet und die Logistik zeitgleich an Bedeutung gewann. Die Möglichkeiten, die Struktur der Objekte und eingesetzte Technologien anzupassen, sind weit gefasst und können an dieser Stelle nur angedeutet werden: So hat REWE beispielsweise in Wiesbaden ein neues Supermarkt-Konzept mit dem ersten Green Farming-Markt geschaffen, bei dem in der „Green Farm“ auf dem Dach des Gebäudes Fische gezüchtet und Basilikum angebaut werden. Budgethotels setzen verstärkt auf digitale Systeme, z. B. Selbstbedienung der Gäste bei Check-In/Out, um den Personaleinsatz zu reduzieren – im Extremfall in Automatenhotels auf null, sofern die Reinigung ausgelagert wird. Im Bürosektor verändert sich mit Zunahme des mobilen, flexiblen Arbeitens der Bedarf an Büroflächen, vor allem aber deren Gestaltung mit einer Mischung aus offenen Bereichen für gemeinsames Arbeiten, vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten bis hin zu Ruhebereichen für konzentriertes Arbeiten bzw. kleinen, akustisch gedämmten Boxen für Telefonate.
Fokussieren wir uns auf den Wohnsektor, so schafft der technische Fortschritt rund um die Immobilien neue Anforderungen und Möglichkeiten: Der steigende Datenverkehr macht einen Glasfaseranschluss zur Grundausstattung einer Wohnung, während die E-Mobilität Ladestationen am Haus oder in der Tiefgarage erfordert. Für die Steigerung des Komforts in der Wohnung etablieren sich zunehmend technische Lösungen – Stichwort „Smart Home“, d. h. die Vernetzung von Haustechnik, z. B. Beleuchtung oder Rollläden, aber auch Hausgeräten oder Unterhaltungselektronik und deren Steuerung über Smartphone oder Tablet. Weitere Anwendungsfelder liegen in der Sicherheit, z. B. der schlüssellose Zugang zur Wohnung (Smart Key) oder dem Energiemanagement, um Verbräuche zu messen und Lösungen für Einsparungen abzuleiten. Im Dezember 2021 erwarb der Living + Working das „Eschelen Carré“ in Villingen-Schwenningen. Das Wohnobjekt mit Supermarkt spart dank dem neuesten Effizienzhaus-Standard deutlich mehr Energie, ist an ein umweltfreundliches Blockheizkraftwerk angeschlossen und produziert mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach auch noch eigenen Strom.
Die technischen Möglichkeiten führen jedoch gerade bei Immobilieninvestoren zur Frage der Wirtschaftlichkeit, inwieweit Mieter all die Ausstattung zu schätzen wissen und bereit sind, extra dafür zu zahlen. Dabei spielt auch die Zielgruppe eine wichtige Rolle: Geht es um Mikro-Apartments für technikaffine junge, zahlungskräftige Mieter, oder aber um ältere Menschen oder „ganz normale“ Mieter mit einem limitierten Budget?
Institutionelle Investoren wie Swiss Life fahren gut mit einem Ansatz, (Wohn-)Immobilien zu erwerben, die den heutigen technischen Anforderungen und üblichen Komfortwünschen der Mieter entsprechen. Vorausschauend handeln bedeutet auch -soweit möglich- die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, um Technik nachzurüsten, sobald der Bedarf steigt, wie das Beispiel der Ladeinfrastruktur an Stellplätzen verdeutlichen kann. Andere Ausstattung bleibt für die normale Wohnung außen vor, kann nach Wunsch vom Mieter aber selbst installiert werden – und sorgt nicht für (Neben-)Kosten bei Ausstattungen, die von zahlreichen Mietern am Ende nicht gebraucht werden. Auf diese Weise kann eine Balance zwischen technisch möglicher und wirtschaftlich zweckmäßiger Ausstattung erreicht werden, ohne dass der technische Fortschritt verloren geht.