Im Gespräch mit Dr. Mathias Löser, Head of Climatch Germany

26.02.2025

„Wir wollen einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung des europäischen Gebäudebestands leisten"

Herr Dr. Löser, Sie leiten den deutschen Teil des Klima-Tech-Unternehmens Climatch, einer Tochter von Swiss Life Asset Managers. Was genau macht Climatch?
Climatch wurde gegründet, um die Expertise von Swiss Life Asset Managers im Bereich integrierter nachhaltiger Energielösungen weiter auszubauen und Dienstleistungen und Produkte eigenständig anzubieten. Mit unseren Energiekonzepten von fossilfreien Wärme- und Kältelösungen über Photovoltaik bis zur E-Mobilität treiben wir die Dekarbonisierung von Immobilien voran. Unterstützt werden diese Kernprodukte durch datengestützte Tools zur Dekarbonisierungsplanung – unsere Portfolio- und Onsite-Detectives – sowie zur nachgelagerten Optimierung der Anlagen, um die CO₂-Emissionen, den Energieverbrauch und somit die Betriebskosten langfristig zu senken – unser Optimiser. Damit wirkt Climatch dem schleichenden Wertverlust von Immobilien mit hohen CO₂-Emissionen entgegen und bietet gleichzeitig eine zeitgemäße Antwort auf Unternehmensziele und regulatorische Vorgaben zur Treibhausgasreduktion. Denn die CO₂-Reduktion von Gebäudeportfolios kann durch effiziente, standardisierte und digitale Prozesse schon heute wirtschaftlich gestaltet werden.

Was unterscheidet Climatch von anderen Dienstleistern am Markt?
Wir konzentrieren uns nicht nur auf einzelne CO₂-Optimierungsmöglichkeiten, sondern betrachten Liegenschaften und Areale ganzheitlich. Das bedeutet: Wir bieten alles aus einer Hand – von der softwaregestützten Potenzialabschätzung über die Planung bis hin zur Finanzierung und Umsetzung sowie dem Betrieb und der anschließenden Optimierung des Energiebedarfs. Dabei arbeiten unsere Experten von A bis Z datengetrieben mit dem Ziel, Prozesse zu standardisieren und die Komplexität auf allen Ebenen zu reduzieren.

Ein wesentlicher Bestandteil unseres Angebots ist das Contracting, bei dem wir als Dienstleister die Investitionskosten für energetische Maßnahmen übernehmen und diese langfristig betreiben. Dies ermöglicht unseren Kunden, von den Einsparungen und Effizienzgewinnen zu profitieren, ohne selbst hohe Investitionen tätigen zu müssen. Unser datengetriebener Ansatz gewährleistet, dass die Maßnahmen nicht nur effizient geplant und umgesetzt werden, sondern auch langfristig optimiert bleiben.

Warum wird Ihrer Meinung nach die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Immobilienbranche zunehmend wichtiger?
Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Immobilienbranche wird aus mehreren Gründen zunehmend wichtiger. Erstens ist der Gebäudesektor für etwa 40 Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich und spielt daher eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Nachhaltige Gestaltung und der Betrieb von Immobilien können maßgeblich dazu beitragen, diese Emissionen zu reduzieren. Zweitens zwingen immer strengere gesetzliche Anforderungen Unternehmen dazu, Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen. Dies schafft Transparenz, reduziert wirtschaftliche Risiken und fördert den Umweltschutz. Drittens tragen energetische Sanierungen und nachhaltige Maßnahmen wesentlich zur Werterhaltung und sogar Wertsteigerung von Immobilien bei. Der Austausch alter Heizsysteme oder die Implementierung energieeffizienter Technologien senken nicht nur die Betriebskosten, sondern erhöhen auch den Marktwert der Immobilie. Dies macht sie attraktiver für Käufer und Mietende.

Ein besonders wichtiger Aspekt für Investoren ist der sogenannte Stranding Point. Dies beschreibt das Risiko, dass Immobilien, die nicht den aktuellen ökologischen Standards entsprechen, in Zukunft weniger attraktiv oder sogar unverkäuflich werden könnten. Immobilien, die als „braun“ gelten, könnten durch strengere Regulierungen und ein zunehmendes Umweltbewusstsein hohe Abschreibungen erfahren. Das sogenannte „Brown Penalty“ bedeutet, dass solche nicht-nachhaltigen Immobilien an Marktwert verlieren. Im Gegensatz dazu können grüne Immobilien von einer „Green Premium“ profitieren und höhere Marktwerte sowie Mietpreise erzielen. Für Investoren wird es daher immer wichtiger, darauf zu achten, dass ihre Immobilien den aktuellen und zukünftigen Umweltstandards entsprechen. Dies trägt nicht nur dazu bei, Stranding-Risiken zu vermeiden und die langfristige Wertstabilität zu gewährleisten, sondern stärkt auch die Attraktivität der Immobilien und unterstützt das globale Ziel der Nachhaltigkeit. Durch die Berücksichtigung des Stranding Points und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen können Immobilien nachhaltig und zukunftssicher gestaltet werden.

 

Wie sieht Ihre Vision von einer nachhaltigeren Immobilienwirtschaft der Zukunft aus?
Neben den bereits erwähnten energetischen Lösungen wie Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen ist der Einsatz von umweltfreundlichen Baustoffen wichtig. Materialien wie recycelter Beton, Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft und innovative Baustoffe wie Hanfbeton können die Umweltbelastung erheblich reduzieren. Zudem sollten Gebäude so gestaltet sein, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer leicht demontiert und die Materialien wiederverwendet werden können. Dies fördert eine Kreislaufwirtschaft und reduziert Abfall. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Integration von Grünflächen, Dachgärten oder sogar vertikalen Gärten in städtischen Gebäuden. Dies kann nicht nur die Lebensqualität verbessern, sondern auch zur Biodiversität beitragen und städtische Wärmeinseln reduzieren. Die Nutzung von Smart-Home-Technologien und dem Internet der Dinge kann ebenfalls helfen, den Energieverbrauch zu optimieren und den Komfort der Nutzer zu erhöhen. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch, dass Gebäude für alle zugänglich und bezahlbar sind – dieser Punkt wird häufig übersehen. Dazu gehören barrierefreie Designs und die Schaffung von Wohnraum, der für verschiedene Einkommensgruppen erschwinglich ist.

 

Können Sie uns einen Überblick über Ihre aktuellen Projekte im Bereich Living and Working geben?
Wir schauen uns derzeit mehrere Objekte im Bereich Living and Working an. In der Prüfung befinden wir uns aktuell bei zwölf Objekten mit insgesamt 16 Projekten. Diese Projekte umfassen verschiedene Produkte, darunter Optimiser, Photovoltaik (PV) und Mobilität.

Zum Beispiel arbeiten wir an Optimiser-Projekten in Städten wie Potsdam, Stade, Lichtenfels, Biberach und Berlin. Diese Projekte befinden sich in der ersten Prüfphase, was bedeutet, dass wir derzeit die Machbarkeit und das Potenzial dieser Projekte bewerten. Die Dauer dieser Phase kann bis zu einem Jahr betragen, abhängig von der Komplexität und den spezifischen Anforderungen jedes Projekts. Wir stimmen uns regelmäßig mit dem Portfoliomanagement ab, um zu entscheiden, welche Liegenschaften wann angegangen werden könnten. Diese enge Zusammenarbeit ermöglicht es uns, strategisch vorzugehen und die besten Potenziale für die Liegenschaften zu identifizieren.

Mathias Loeser, Head of Climatch Germany

Dr. Mathias Löser, Head of Climatch Germany

Climatch wurde gegründet, um die Expertise von Swiss Life Asset Managers im Bereich integrierter nachhaltiger Energielösungen weiter auszubauen und Dienstleistungen und Produkte eigenständig anzubieten. Mit Hilfe der Energiekonzepte von fossilfreien Wärme- und Kältelösungen über Photovoltaik bis zur E-Mobilität treiben sie die Dekarbonisierung von Immobilien voran.

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