Rücknahmepreis, Börsenkurs – was stimmt denn nun?

03.07.2024

Was der Anteilschein eines Offenen Immobilienfonds wert ist, ermitteln Gutachter im Wesentlichen auf Basis der Bewertungen des Immobilienportfolios. Doch halt! Gleichzeitig kursieren auch Börsenkurse, die teils erheblich davon abweichen können. Wer hat denn nun Recht? Anders gefragt: Impliziert die Börse womöglich zukünftige Wertentwicklungen? Nein, denn es handelt sich bei der Preisfindung um zwei Paar Schuhe.

Die meisten Offenen Immobilienfonds (OIF) – so auch unser „Living and Working“ – tragen eine Wertpapierkennnummer (WKN) und eine international gebräuchliche International Security Identification Number (ISIN). Bei uns sind das A2ATC3 respektive DE000A2ATC31.

Das hat gerade für Privatanleger den großen Vorteil, dass diese Anteilscheine depotfähig sind. Anleger können sie in ihrem Wertpapierdepot neben anderen Kapitalanlagen wie Aktien oder Anleihen gebündelt und übersichtlich im Depot ihrer jeweiligen Bank oder Sparkasse führen.

Damit einher geht aber auch eine weitere Eigenschaft: OIF-Anteile gelten formell als Wertpapiere und sind „fungibel“, also relativ einfach von einem auf den anderen Eigentümer übertragbar. Und sie sind für den Handel über Wertpapierbörsen grundsätzlich geeignet und zugelassen. Einige Börsenplätze und Plattformen in Deutschland haben sich sogar eigens auf den Handel mit Fondsanteilen spezialisiert.

Für Anleger heißt das im Klartext: Sie können nicht nur über die Fondsgesellschaft Anteile erwerben oder zurückgeben, sondern auch an der Börse kaufen und verkaufen. Dabei gibt es jedoch einen fundamentalen Unterschied: Wer bei der Fondsgesellschaft investiert, dessen Geld fließt unmittelbar in das Fondsvermögen und kann vom Fondsmanager für den Ankauf neuer Immobilien verwendet werden. Wenn Anleger wiederum ihr Vermögen aus dem Fonds abziehen, verringert sich das Fondsvermögen.

Beim Börsenhandel mit Fondsanteilen indes wechseln die bestehenden Anteilscheine einfach nur den Besitzer. Für den Fonds selbst spielt das keine Rolle, es ist aufkommensneutral. Man unterscheidet deshalb zwischen horizontalen und vertikalen Kapitalflüssen.

Damit unterscheidet sich auch der Mechanismus zur Preisfindung fundamental. Bei der Fondsgesellschaft wird der Wert des Immobilienportfolios zuzüglich Cash und abzüglich Schulden (Net Asset Value, kurz: NAV) ermittelt und durch die Anzahl der Anteilscheine dividiert. Daraus ergeben sich der Ausgabepreis (inkl. Vertriebskosten) sowie der Rücknahmepreis.

Die Preisfindung an der Börse wiederum richtet sich nach Angebot und Nachfrage der Anleger. Gibt es gerade mehr Verkäufer, die sich von ihren Anteilscheinen trennen möchten, als potenzielle Käufer, sinkt der Preis. Gibt es hingegen mehr Kaufinteressenten, steigt er.
Häufig sind die Börsenkurse etwas niedriger als die Rücknahmepreise. Das lässt sich leicht erklären: Vor einer Rückgabe an die Fondsgesellschaft gibt es eine Mindesthaltepflicht von zwei und eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Die Börse wird deshalb gerne von Anlegern genutzt, die schneller aus dem Fonds aussteigen möchten oder sogar müssen, oftmals aus privatem Anlass. Strukturell überwiegt deshalb oftmals die Verkäuferseite. Rückschlüsse auf die Qualität des Immobilienportfolios oder künftige Wertentwicklungen lassen sich daraus überhaupt nicht interpretieren.

Man sollte zudem beachten: Bei den meisten OIFs ist der Börsenhandel nicht sehr lebhaft. Zudem verteilt sich das geringe Transaktionsvolumen auf unterschiedliche Plattformen. Zum Teil gibt es auch nur wenige Transaktionen pro Tag. Das ist nicht wie am Aktienmarkt. Deshalb kann die Schwankungsbreite der Börsenkurse bisweilen enorm sein.

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Wer hat denn nun Recht? Die Antwort lautet: beide. Eine faire Bewertung des Immobilienportfolios erfolgt immer durch die Fondsgesellschaft. Immobilien sind eine auf Langfristigkeit ausgerichtete Assetklasse, dessen sollten sich Anleger stets bewusst sein. Das ist ihre große Stärke – kann aber in bestimmten Lagen auch ein Nachteil sein.

Denn selbstverständlich kann es immer Gründe geben, weshalb Anleger kurzfristig nicht mehr so investiert bleiben können oder wollen wie ursprünglich geplant. Genau dafür eignet sich der Weg über die Börse. Der Preis richtet sich dabei allein nach Angebot und Nachfrage. Für den Fondsmanager ist dies aufkommensneutral, insofern profitiert auch er von der funktionierenden Existenz eines Zweitmarktes.

Doch der Preis dort bildet sich nach einem ganz anderen Mechanismus – und sollte nicht mit dem offiziellen Rücknahmekurs verwechselt werden. Zu Preisspekulationen wie bei wesentlich liquideren Assets sind OIFs weder gedacht noch geeignet. Börsenkurs und Rücknahmepreis sind schlichtweg zwei Paar Schuhe.

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